Hallo Jörg, wer ein Resort für Taucher gründet, muss selbst eine große Leidenschaft für den Sport haben. Wann hat es Dich gepackt?
Eigentlich schon bevor es richtig losging. Wir hatten eine ziemlich stramme Ausbildung in der Sportschule Grünwald, die mich von Anfang an begeistert hat. Als es nach zwei Wochenenden Flossentraining und Freitauchen endlich eine Pressluftflasche gab, war das die absolute Offenbarung.
Kannst Du Dich noch an Deinen ersten Tauchgang erinnern?
Absolut, als wäre es gestern gewesen. Ein Sprung vom Boot ins tiefblaue Mittelmeer vor Malta und Abtauchen direkt in einem riesigen Schwarm von Brassen. Alles um mich herum hat silbern geglänzt und gefunkelt. Ein Traum.
Taucher erzählen oft, dass der Sport süchtig macht. Kannst Du jemandem, der noch nie Tauchen war, erklären, worin die absolute Faszination und der Reiz liegen?
Für mich persönlich ist es das Gefühl von Leichtigkeit und Schwerelosigkeit. Mit einer winzigen Flossenbewegung kann ich mich um die eigene Achse drehen. Seitdem ich tauche träume ich regelmäßig, dass ich fliegen kann. Dazu kommen die absolut surrealen Begegnungen mit den Meeresbewohnern. Für mich ist zum Beispiel der Anglerfisch immer der Prototyp eines UFO-Kommandanten gewesen und der Sepia ein vor Leben pulsierendes Raumschiff.
Du hast 2002 Dein altes Leben hinter Dir gelassen und bist nach Bali ausgewandert. Von der deutschen Software-Branche in die indonesische Unterwasserwelt – wie kam es dazu?
In der Zeit der „New Economy“ hatte ich täglich den Wert meiner Aktienoptionen überprüft und war davon ausgegangen, dass ich noch maximal fünf Jahre Arbeit vor mir hatte. Für die Zeit danach hatte ich mir erstmal eine Weltumsegelung vorgestellt. Als dann die Blase geplatzt war und der Wert der Aktien auf Null stand, konnte ich meine Gedanken von den exotischen Meeren nicht mehr zurück zu jahrzehntelanger Routinearbeit holen. Dazu kam, dass meine letzte Firma von einem großen Konzern gekauft worden war und dadurch meine bis dahin sehr reizvolle Arbeit extrem langweilig geworden war.
Hattest Du von Anfang an vor, Dein eigenes Resort aufzumachen?
Ja. Ein angestellter Tauchlehrer muss möglichst viele Kurse in möglichst kurzer Zeit halten, um seine Kosten herein zu wirtschaften. Ich wollte mir aber für jeden Gast und Schüler Zeit und Ruhe nehmen können – und das geht nur als eigener Chef.
Du hast Dir für Dein Divecenter bewusst ein touristisch vollkommen unerschlossenes Gebiet ausgesucht. Warum?
Mein letzter Tauchurlaub in Ägypten im Jahr 1995 hatte mich ziemlich schockiert. Alle Riffe waren voller Tauchboote und unter Wasser überall Luftblasen. In den zweieinhalb Jahren in denen ich dann als Pächter eine Tauchschule in Pemuteran geleitet habe, konnte ich eine atemberaubende Entwicklung beobachten: In kurzer Zeit hatte sich ein verschlafenes Nest am Ende der Welt ohne Handys und (fast) ohne Mopeds zu einem quirligen Urlaubsort entwickelt, in dem plötzlich die Hotels, Tauchbasen und große Supermärkte aus dem Boden schossen wie Pilze. Natürlich darf Pemuteran im Vergleich zum Mittelmeer oder zu Ägypten immer noch als verschlafen gelten, aber ich hatte mir diese ganz ursprüngliche Umgebung in den Kopf gesetzt. Zu den schönsten Erinnerungen der Anfangszeit gehören meine Ausfahrten mit den Fischern, bei denen ich an Riffen tauchen konnte, die vor mir bestimmt noch kein Ausländer gesehen hat.
Die Geschichte Deiner Tauchbasis klingt wie eine einzige, rasante Erfolgsstory. Welche Steine musstest Du auf dem Weg zum Erfolg beiseite räumen? Gab es auch mal Zweifel?
Nein, gezweifelt habe ich während des gesamten Aufbaus keine Sekunde. Ich hatte ein Zielbild im Kopf von lachenden Tauchern, die vor dem blauen Meer stehen, auf dem die Sonne funkelt. Aufgrund dieser Vision hat sich viel von selbst entwickelt. Das große Zittern kam nachträglich, als alles geschafft war und mir plötzlich klar wurde, dass dies ein kleines Wunder bedeutete: Zu wenig Eigenkapital, plötzlich explodierende Holz- und Zementpreise und der tägliche Kleinkrieg mit korrupten Behörden. Die kritischste Situation war, als mir trotz vorhandener Baugenehmigung ein Baustopp verhängt wurde, um eine Sondersteuer zu erzwingen. Ohne meine Lehrzeit im Nachbardorf in den zwei Jahren zuvor wäre dies wahrscheinlich die Endstation gewesen, wie bei so vielen ausländischen Investitionen.
Von einer Tauchbasis hattest Du konkrete Vorstellungen. Aber war es schwer, plötzlich auch ein Hotel und ein Restaurant leiten zu müssen?
Vor allem erstmal bauen! (lacht). Auf meinen Dienstreisen im Westen hatte ich eine Abneigung gegen noble Hotels entwickelt und deswegen meine Urlaube auf Campingplätzen, Berghütten und Tauchbooten verbracht. Die Urlaubs-Ansprüche, die über ein sauberes Bett und eine Dusche hinausgehen, zu verstehen, das war eine steile und schmerzhafte Lernkurve für mich. Zum Glück hatte ich Freunde, die mir beim Probewohnen entscheidende Tipps gegeben haben. Mit dem Restaurant war es einfacher. Wir haben zwar mit Bambusküche und wackligen Barhockern angefangen, aber das Essen in Indonesien ist einfach super lecker. Mit Reis, fangfrischem Fisch und Obst und Gemüse direkt aus den Nachbargärten kann man keine großen Fehler machen.