Interview mit Alf - Investor und Geschäftsführer einer ECO-Lodge in Sri Lanka

Nachhaltiger Tourismus ist die beste Entwicklungshilfe

Von Deutschland nach Sri Lanka

Umzug und Auswanderung von Münster in den Regenwald

Lieber Alf,
zu erst interessiert mich, wie kam es zu Eurer Auswanderung und warum habt Ihr Euch für Sri Lanka entschieden?

Es war 1992, als wir unseren heute langjährigen Freund aus Sri Lanka kennen lernten. Ehemalige Nachbarn und Freunde von uns pflegen seit über 35 Jahren eine Patenschaft zu Anura de Silva. Er kam jedes Jahr für mehrere Wochen nach Deutschland und fasziniert hörten wir immer wieder seine Geschichten über Sri Lanka. Als naturverbundene und kulturinteressierte Menschen folgten wir eines Tages seiner Einladung nach Sri Lanka und es sollten anschließend noch viele Reisen folgen.

Mit unseren Familien und engsten Freunden gründeten wir nach der Tsunami-Katastrophe die Hilfsorganisation „New home Beruwala e.V.“ und nach anfänglichen Tsunami-Projekten widmeten wir uns nach und nach der ländlichen Entwicklung bis nach Yattapatha am Singharaja Regenwald.

Aus privaten Mitteln unterstützten wir ab 2005 unsere heutige Geschäftspartnerin Kamani Lasanthi Jayasinghe mit ihren drei Kindern Shashika, Madara und Leon. Unser Freund Anura half uns dabei, für die obdachlos gewordene Witwe und ihren Kindern auf dem Grundstück, von wo aus wir heute unserer ECO-Lodge betreiben, ein Haus zu bauen. Ihre Einkünfte erarbeitete sich Kamani durch den Anbau von Tee, Pfeffer und Zimt. Mit zwei zusätzlichen Zimmern ausgestattet, bot das Haus auch für uns genügend Platz und so verbrachten wir regelmäßig unsere Urlaube und Projektbegleitungen mit Vereinsmitgliedern, Familie und Freunden in Yattapatha.

Beruflich festgefahren und mit dem Wunsch, noch etwas anderes im Leben zu erreichen, entstand unser gemeinsames Konzept, einen ökologisch ausgerichteten Beherbergungsbetrieb in der großzügigen und exotischen Natur des Singharaja Garden entstehen zu lassen. Drei Jahre haben Edna und ich uns mit intensiven Schulungen und Ausbildungen auf unser neues Ziel vorbereitet.

Am 22. Dezember 2008 hieß es dann Abschied nehmen von Deutschland und so flogen wir doch mit etwas gemischten Gefühlen nach Sri Lanka.

Bau unserer ökologischen Gäste-Lodge im Regenwald

Engagement für nachhaltige Entwicklung in Sri Lanka

Habt Ihr Eure Regenwald-Lodge selbst gebaut und entworfen oder bestand sie schon vorher?

Unser Zeitplan für den Bau der ECO-Lodge war eng gesteckt. Mit den ersten Kooperationsverträgen deutscher Reiseveranstalter aus dem Forum anders Reisen hatten wir unsere Eröffnung schon für Dezember 2009 geplant. Keine unlösbare Aufgabe, jedoch bauten wir mit unserem regionalen und 20 bis 25 köpfigen Team in mühseliger und kräfteraubender Handarbeit.

Das tägliche Zusammenleben mit unserer Partnerin Kamani und ihren Kindern förderte unsere Integration in die Kultur und in die Sprache Sri Lankas. Das Interesse an unserer Lebensweise war ebenfalls geweckt und so formten die vielen vertrauensvollen Gespräche unser tiefes und familiäres Verhältnis, von dem wir heute alle gemeinsam profitieren.

Unser Konzept wurde mit Wohlwollen bei der Bevölkerung und den Behörden in unserer Region aufgenommen. Die Hoffnungen unserer Dorfmitglieder waren groß und die Neugierde auf ausländische Gäste ebenso.

Etwas nervös haben wir im Februar 2010 unsere ersten Gäste empfangen, doch das legte sich schnell, denn die mehr als netten Gäste gaben uns und unserem gesamten Team keinen Anlass mehr, aufgeregt zu sein.

Heute freuen wir uns, allen Gästen ein authentisches Sri Lanka zu vermitteln, ganz so wie wir es kennen lernen durften.

 

Wie setzt Ihr Euer Öko- bzw. Nachhaltigkeits-Konzept im Alltag um?

Unsere ECO-Lodge liegt an den Ausläufern des Singharaja Regenwald, der für seine enorme Artenvielfalt sowie die recht hohe Zahl ethnischer Spezies auf der ganzen Welt bekannt ist und zum UNESCO-Weltnaturerbe auserwählt wurde. Dieses Umfeld benötigt einen besonderen Schutz und so führen wir unsren ökologischen Beherbergungsbetrieb nach den Leitlinien des CSR (Corperate Social Responsibility) und gehen einen neuen und nachhaltigen Weg im Tourismus für Sri Lanka und wurden erstmalig in 2015 mit dem TourCert-Check, für nachhaltigen Tourismus ausgezeichnet.

Kamani ist unsere lokale Geschäftspartnerin und zugleich auch die alleinige Besitzerin der ECO-Lodge. Edna und ich sind die Investoren und haben zeitlich befristet, die Geschäftsführung übernommen  Zur Zeit bilden wir mit Shashika, der ältesten Tochter von Kamani, zur Geschäftsführerin aus. Madara, die jüngere Tochter möchte in Zukunft gerne mit Ayurveda und Yoga in Ednas Fußstapfen treten und beginnt nach ihrem Schulabschluss im Dezember 2015 ein dreimonatiges Praktikum bei Edna.

Unser ernanntes Ziel ist es, dass bis 2020 die Leitung unserer Lodge alleinig in den Händen  unserer Partnerfamilie liegt.

Neben Arbeitsplätzen für sozial benachteiligte Personen aus unserer Nachbarschaft/Region, bieten wir faire Arbeitsbedingungen und Lohnzahlungen mit Sozialversicherungen für unsere Festangestellten.

Unser 3 ha großes Grundstück dient der vielseitigen biologischen Agrarwirtschaft und mit der gewonnenen Energie unserer eigenen Photovoltaik-Inselanlage, Warmwassersolareinheiten und einem Mehrkammerklärsystem mit Verrieselung möchten wir an dieser Stelle nur die wesentlichen Merkmale unserer Lodge zur Emissionsreduktion, Energieeffizenz und zu unseren Umweltstandards aufführen.


Ihr engagiert Euch seit vielen Jahren für nachhaltige Entwicklung in Sri Lanka. Wie könnt Ihr Euch einbringen?

Eine positive Entwicklung für ein Schwellenland wie Sri Lanka, welches sich nach langen Jahren des Bürgerkriegs wieder einem ungefährdeten Tourismus öffnet, könnte die Form von nachhaltigem Tourismus sein. Schon vor Jahren hat man in der Entwicklungszusammenarbeit erkannt, dass der so genannte „Sanfte“ Tourismus sich fördernd auf die Entwicklung von Schwellenländer auswirken. Am Ende ist es allerdings nur der Reisende selbst, der mit seiner Entscheidung einen nachhaltigen Beitrag für den Erhalt von Natur, Kultur und Menschenrechte fördert. Über unser privates ECO-Lodge-Konzept hinaus, engagieren wir uns gemeinsam mit dem Verein „New home Beruwala e.V.“ aus Deutschland und den örtlichen Behörden in Sri Lanka in der Entwicklungszusammenarbeit. Mit Weiterbildungen über die BMZ, sind wir heute Entwicklungshelfer und engagieren uns nach anfänglichen Tsunamiprojekten nur noch in der ländlichen Entwicklung. Unserer Projektschwerpunkte dienen der Familienfürsorge, Bildung, Gesundheit, bis hin zur BIO-Landwirtschaft. Es sind bereits eine Vielzahl nachhaltiger Projekte entstanden, die durch Einzelspenden, Partnerschaften und Stiftungsförderungen gefördert und finanziert wurden. Des weiteren kann man sich als „Volontär“ mit bis zu drei Monaten in unserer Lodge oder in unserem Umfeld sozial und ökologisch engagieren.

Schon viele Jahre vor unserer Auswanderung haben wir Verantwortung für eine einzigartige und erhaltungswerte Region in Sri Lanka übernommen, die uns heute selbst ein Zuhause bietet.

 

Können auch Gäste Eure Nachhaltigkeits-Projekte unterstützen oder sogar selbst aktiv werden?

Viele unserer ehemaligen Gäste und Volontäre unterstützen unsere Vereinsarbeit mit einer Partnerschaft. Wer sich in der Region Singharaja Garden frei bewegt, sieht unsere Projekte und lernt die Menschen kennen, welche damit verbunden sind. Das kommt an und wer sich für ein Volontariat bei uns entscheidet, wird selbst ein Teil davon und trägt es auf immer in seinem Herzen mit sich.

Urlaub auf einer Eco-Regenwaldlodge

Sanfte Auszeit und intensive Naturerlebnisse

Wie viele Gäste können bei Euch auf der Lodge wohnen und was erwartet sie?

Mit zwei günstigen Standard-Gästezimmern im Haupthaus, sowie unseren zwei großzügigen Bungalows mit privaten Frischwasserpools bieten wir ECO-Tourismus für maximal 8 Gäste und für jeden Geldbeutel an. Unser Panorama-Restaurant bietet zusammen mit einem grandiosen Panoramablick eine ausgewogene vegetarische oder auf Wunsch auch vegane Küche für unsere Gäste. Mit Vollpension sorgen wir für das wohl unserer Gäste in der Lodge und mit Lunchpaketen in der unberührter Natur.

Aus dem Programm  „Abenteuer und Wahrnehmung“, bieten wir unterschiedliche Dschungelwanderungen, Naturbeobachtungs-, Kajak- und Mountainbike-Touren an. Aus „Körper und Geist“,Yoga und unterschiedliche Wellnessanwendungen. Dazu zählen zwei unterschiedliche Yogakurse sowie ayurvedische Massagen und Klangmassagen. Mit „On Tour“ bieten wir weitere Tages- und Zweitagestouren an die Westküste, ins Weltkulturerbe Galle-Fort und in den Udawalawe-Nationalpark an.

 

Wie ist das Klima bei Euch im Dschungel und wann ist die beste Reisezeit für eine Auszeit bei Euch?

Das Klima bei uns ist feucht tropisch, allerdings auf Grund unserer Mittelgebiergslage mit gemäßigten Temperaturen. Bis auf die regenreichen Monate von Mitte April bis Ende Juni haben wir das Ganze Jahr Saison. Die trockenste Jahreszeit ist in den Monaten Januar bis März.


Was gefällt Euren Gästen am meisten bei Euch? Bekommt Ihr Feedback?

Sicherlich erreichen wir mit unserem Standort am Regenwald nur ganz bestimmte Reiseinteressenten. Dass Nachhaltigkeit und Ökologie nicht unbedingt Verzicht und Puristik bedeutet, begeistert unsere Gäste. Die familiäre Atmosphäre, die Nähe und die sanften Aktivitäten in der Natur in Verbindung mit Yoga und gesunder Ernährung bleiben nachhaltig für unsere Gäste. Dass Regenwald nicht immer Regen bedeutet, lässt sich nur schwer ausräumen und ist die meist gestellteste Frage, die wir beantworten müssen.

Unsere durchgehenden positiven Bewertungen in allen Portalen und Gästebücher, unsere hohe Anzahl an „follower“ in allen sozialen Medien, bestätigt die Zufriedenheit unserer Gäste und unser Konzept für Nachhaltigkeit im Tourismus.       

Wie sehen Eure Pläne für die Zukunft aus? Gibt es neue Projekte und was wünscht Du Dir persönlich?

Wie ja schon unter unseren CSR-Leitlinien beschrieben, ist es unser Ziel die Leitung unserer Lodge bis 2020 an unsere Partnerfamilie zu übergeben. Natürlich werden wir uns nicht vollständig aus dem Geschäft zurückziehen und unser Lebensmittelpunkt bleibt auch weiterhin in Sri Lanka. Wir leben die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit und mit der Gewürzherstellung und der Vermarktung nach Deutschland können wir noch weitere Menschen in unser neues Konzept mit einbeziehen. Der Lebensmittelgroßhändler Stroetmann aus unserer alten Heimatstadt Münster, wird unserer erster Kooperationspartner worauf wir uns besonders freuen. Allerdings möchten wir in Zukunft die Direktvermarktung für die Kleinbauern aus unserer Nachbarschaft weiter ausbauen.

Ein weiteres Ziel ist es gemeinsam mit TourCert den nachhaltigen Tourismus in Sri Lanka voranzubringen. Wir werden in Zukunft weitere Beherbergungsbetriebe in diese Richtung beraten und über TourCert die Zertifizierung mit dem TourCert-Check anbieten.      


Hast Du auf der Lodge oder in der Umgebung einen Lieblingsplatz, an dem Du Dich besonders wohl fühlst?

Der Platz wo ich mich wohl fühle ist noch immer unsere Lodge und das Umfeld selbst. Natürlich kehrt auch hier der Alltag ein, aber es ist und bleibt ein Paradies und der Garten Eden.


Vermisst Du etwas aus Deutschland?


Wir sind jedes Jahr für mehrere Wochen in Deutschland und erfreuen uns immer unserer Familien. Die Familie ist das wichtigste für uns, ansonsten vermissen wir nichts.

Vielen Dank für das interessante Interview Alf!

Karola Stahlberg

Artikel-Info
Land Sri Lanka
Kontinent Asien
Thema Nachhaltiger Tourismus
Autor Karola Stahlberg