Nachhaltige Reisen zu Walen und Delfinen

Interview mit Susanne, die als Veranstalterin einzigartige Begegnungen ermöglicht

Hallo Susanne, seit über 20 Jahren veranstaltest Du schon nachhaltige Touren, auf denen Menschen mit Walen und Delfinen hautnah in Kontakt kommen. Kannst Du Dich noch daran erinnern, wie alles angefangen hat?

Ich habe damals sehr schön in Mitteldeutschland gelebt und ein Tagungshaus und Meditationszentrum mitgeleitet. Über meine Ausbildung in Aqua Wellness Körperarbeit kam ich zunächst mit der Welt der Delfine und Wale in Kontakt.

1993 wurde ich dann von einem Freund eingeladen eine Woche auf den Kanarischen Inseln zu verbringen. Diese besondere Woche stand im Zeichen der „Interspezies Kommunikation“ und fand auf einem wunderschönen Zweimaster Segelschiff – ganz aus Holz – statt. Mit dem Schiff und den Delfinen und Walen war es Liebe auf den ersten Blick – der Rest war eher nicht so schön. Unter anderem war ich 3 Tage durchgehend seekrank.

Danach entstand mit Freunden die Idee, das Schiff ein Jahr später zu chartern. Und so ging ich mit meinen ersten Delfin- und Walbegegnungen im Herzen, vielen gemischten Gefühlen und einem Vertrag für das Schiff im drauffolgenden Jahr von Bord.

Ist die Faszination für Dich nach all den Jahren und vielen, vielen Begegnungen immer noch die gleiche?

Ja, die ist immer noch da. Ich muss mich nicht motivieren. Ich muss mich eher bremsen nicht permanent neue Reisen, Projekte und sonst was anzuzetteln. Die Meeressäuger und die Natur selbst sind Motivation genug! Ich liebe es, schöne Plätze und schöne Erlebnisse mit anderen zu teilen. Ich möchte Menschen einen besonderen und individuellen Rahmen für ihren wohlverdienten Urlaub bieten und mit ihnen innerlich und äußerlich reisen.

Es ist so bereichernd und erfüllend für mich, die leuchtenden Augen unserer Gäste zu sehen und einfach zu spüren, dass sie berührt worden sind, dass sie mehr als Fotos mitnehmen. Und dass ich auch das Gefühl habe, dass mein Team und ich die Menschen erreichen und wir Denkanstöße in Sachen Meeres- und Umweltschutz geben. Dass etwas passiert in den Köpfen der Menschen!

Gab es auf dem langen Weg auch Schwierigkeiten, die überwunden werden mussten?

Oh ja, sicher! Ich habe zum Beispiel Jahre lang nach den richtigen Programmangeboten gesucht: Was brauchen die Menschen, was kommt gut an? Finanziell war es damals eher schmalspurig und ich habe nebenbei gejobbt. Manchmal hat man auch „draufgezahlt“, wenn eine Schiffsreise nicht ausreichend gebucht wurde.

Was war Dein schönstes Erlebnis mit den Walen und Delfinen?

Das ist echt schwer zu sagen: Ich hatte einmal vor La Gomera eine unglaublich tolle Schwimmsituation mit Rauzahndelfinen. Sie waren so nah und interessiert an uns, wir waren Teil ihrer Gruppe. Wahnsinn!

Auf Hawaii hatte ich außerdem einige sehr berührende Schwimmsituation mit den Spinnerdelfinen. Irgendwie in Zeit und Raum verloren, das Gefühl mit ihnen allein unterwegs im Meer zu sein. Das war auch in diesem Jahr (2016) so! Ein sehr bewegendes Erlebnis, wenn ein Delfin einen anschaut: Da ist einfach jemand zu Hause!

Tja, und die Grauwale in Mexiko – mein erster Kuss eines Wals: flüchtig, salzig, feucht und unvergesslich! (lacht)

Wirklich nachhaltig und ganz besonders hat mich meine erste Berührung eines Grauwals bewegt. Ich kann den Kontakt und die seidig, feste Haut noch heute spüren.

Gibt es etwas, dass wir von den Tieren lernen können?

Oh, vieles. Mich bringen sie immer ins Hier und Jetzt – in diesen Moment. Und auch das Mitfließen, sich an neue Situationen schnell anpassen, das ist ganz wichtig für die Themen der heutigen Zeit: Die Gemeinschaft ist wichtiger als das Individuum. Das ist entscheidend für das Überleben. Und dabei sind die Delfine auch individuell und haben unterschiedliche Charaktere – das muss dabei nicht auf der Strecke bleiben.

Wir müssen nicht alle gleich sein. Es geht darum sich gemeinsam dem großen Ziel zu widmen. Bei den Delfinen ist es die Jagd und letztendlich das Überleben als Spezies.

Vom Meer und den Delfinen kann man wirklich viel lernen: das ständige in Bewegung sein, das Mitgehen, statt Kraft beim Gegen-den-Strom schwimmen zu verschenken. Schwung zu holen für die perfekte Welle!

Ein anderer Aspekt, mit dem ich mich in letzter Zeit sehr beschäftige: In welcher Welt würden wir leben, wenn wir unsere Emotionen nicht voreinander verstecken könnten und diese immer Teil des Gesamtbildes wären? Kurz gesagt: Lügen wäre unmöglich. Denn Delfine leben in einer gläsernen Welt, sie können ihre Umgebung komplett abscannen und wissen immer, womit der Artgenosse gerade beschäftigt ist.

Was kann man konkret tun, um die Meeresbewohner zu schützen?

Ich wünsche mir, dass wir uns um den „Lebensraum Meer“ einfach besser kümmern!

Das Meer ist so unglaublich wichtig für den Sauerstoff, den wir atmen, für unser gesamtes Klima! In unserem ganz eigenen Interesse sollten wir da ein Hauptaugenmerk drauf legen.

Geräuschverschmutzung, Geisternetze, Überfischung und die Meeresverschmutzung an sich – das sind nur einige Themen.

Was jeder einzelne tun kann? Zum Beispiel sich engagieren und verantwortungsvolle Projekte von Meeresschutzorganisationen unterstützen. Man sollte auch das eigene Konsumverhalten überdenken und weniger Fisch essen. Übrigens auch der eigenen Gesundheit zuliebe, da Fische oft Schwermetalle in sich haben – besonders die großen Fische wie Schwert- und Thunfisch. Dabei ist  es wichtig die Sorten zu kennen, die noch unbedenklich gegessen werden können. Da kann man sich am besten immer aktuell bei Greenpeace oder dem WWF informieren.

Und vor allem sollte man überprüfen, woher die Produkte stammen und welche Richtlinien eingehalten wurden – das betrifft alle Konsumgüter. Denn jeder Fluss fließt irgendwann in Meer.

Wir sollten außerdem auf Plastik, insbesondere auf Plastiktüten verzichten. Stattdessen sollten wir biologisch abbaubare Produkte verwenden. Und im Urlaub bitte keine Delfinarien oder „Orca-Shows“ besuchen – besonders in der Karibik, Mexiko und den USA!

Was sind Deine Pläne für die Zukunft?

Auf jeden Fall weiterhin außergewöhnliche, inspirierende und nachhaltige Reisen anbieten. Nächstes Jahr geht es in die Dominikanische Republik zum Schnorcheln mit Buckelwalen! Wir sind mit einer sehr erfahrenen Crew unterwegs und sind selbst gespannt, da wir es auch zum ersten Mal machen. La Gomera, Hawai’i und Mexiko sind wunderbare Reiseziele, denen wir erhalten bleiben und die wir immer besser kennenlernen. Eine Destination schöner als die andere (strahlt). Komm doch einfach mal mit…

Und ich denke, dass ich wieder mehr Vorträge machen werde. Gerne würde ich einen Beitrag leisten, dass Delfine und Wale als das erkannt werden, was sie sind: Unglaublich hoch entwickelte, empfindsame Wesen – so wie wir -, die einen adäquaten Lebensraum und Schutz verdient haben.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

Das Interview führte Simon Grünke.

Artikel-Info
Land Spanien
Gebiet La Gomera
Kontinent Europa
Thema Interview Reiseveranstalter
Autor Simon Grünke